Zusammenfassung des Urteils IV 2012/473: Versicherungsgericht
In dem vorliegenden Fall ging es um einen Rechtsstreit zwischen A.________ SA und X.________ bezüglich der obligatorischen Unfallversicherung. A.________ SA reichte eine Beschwerde ein, die von der Richterin der Cour des assurances sociales du Tribunal cantonal abgelehnt wurde. A.________ SA legte daraufhin beim Chambre des recours du Tribunal cantonal Einspruch ein, der jedoch als unzulässig erklärt wurde. Das Gericht entschied, dass der Rechtsstreit nicht finanzieller Natur sei und wies den Einspruch ab.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2012/473 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 12.12.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 28 IVG. Beweiswürdigung Gutachten. Höhe Tabellenlohnabzug. Kein rentenbegründender Invaliditätsgrad (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. Dezember 2014, IV 2012/473). |
Schlagwörter : | IV-act; Quot; Beurteilung; Arbeitsfähigkeit; Gutachten; Bericht; IV-Stelle; Rente; MEDAS; Stellung; Versicherungsgericht; Gutachter; Urteil; Arbeitsunfähigkeit; Abklärung; Untersuchung; Gesundheit; Gericht; Auffassung; Einschränkung; MEDAS-Gutachten; Hinweise; Begutachtung; Sicht |
Rechtsnorm: | Art. 7 ATSG ; |
Referenz BGE: | 110 V 53; 125 V 261; 125 V 351; 125 V 352; 126 V 79; 129 V 481; |
Kommentar: | - |
Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiber Philipp Geertsen Entscheid vom 12. Dezember 2014
in Sachen
A. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Franziska Wenk, MLaw, Rechtsanwälte.og42,
Oberer Graben 42, 9000 St. Gallen,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
betreffend
Rente Sachverhalt: A.
A. meldete sich am 24. Mai 2002 zum Bezug von IV-Leistungen an (IV-act. 1). Im Auftrag der IV-Stelle wurde die Versicherte am 21. März 2003 von Dr. med. B. , Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, und von Dr. med. C. , Facharzt FMH für Innere Medizin, speziell Rheumaerkrankungen, begutachtet. Die Gutachter diagnostizierten eine leichte Somatisierungsstörung (ICD-10: F45.0), einen Status nach Knieoperation rechts 1993 sowie ein zervikales und lumbovertebrales Schmerzsyndrom. Aus psychiatrischer sowie aus rheumatologischer Sicht sei die Versicherte in Kontrastierung der subjektiv vorgebrachten Symptomatik im Prinzip voll arbeitsfähig. Körperlich leichte Tätigkeiten mit wechselnden (sitzenden und stehenden) Positionen "wirkten dem Krankheitsgedanken der Versicherten entgegen". Aufgrund der Chronifizierung und der teilweisen Verselbstständigung der Symptome sei die Prognose des Krankheitsverlaufs jedoch vorsichtig zu stellen (Gesamtgutachten vom
1. April 2003, IV-act. 28; zum rheumatologischen Teilgutachten vom 24. März 2003 siehe IV-act. 29). Am 1. März 2004 verfügte die IV-Stelle die Abweisung des Rentengesuchs (IV-act. 40). Die dagegen gerichtete Einsprache vom 15. März 2004 (IVact. 43) wies die IV-Stelle mit Entscheid vom 16. Januar 2007 ab (IV-act. 94). Das Versicherungsgericht hiess die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde vom 16. Februar 2007 (IV-act. 96) gestützt auf verschiedene nach Verfügung vom
1. März 2004 ergangene medizinische Berichte, worin der Versicherten eine 50%ige Arbeitsfähigkeit bescheinigt worden war und woraus sich eine gesundheitliche Verschlechterung ergebe, teilweise gut und sprach der Versicherten eine halbe Rente ab 1. Februar 2006 zu (Urteil vom 18. August 2008, IV 2007/86, IV-act. 106). Die IVStelle erhob gegen dieses Urteil am 24. September 2008 Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten (IV-act. 107). Am 1. Oktober 2008 teilte die Versicherte der IV-Stelle mit, ihr Gesundheitszustand habe sich noch einmal erheblich verschlechtert. Die Voraussetzungen für eine Überprüfung der Angelegenheit angesichts veränderter Umstände seien gegeben (IV-act. 109). Im Urteil vom 29. Mai 2009, 9C_803/2008, hob das Bundesgericht das kantonale Urteil in Gutheissung der Beschwerde der IV-Stelle
auf. Es gelangte zur Auffassung, dass die diagnostizierten mittelgradigen Episoden keine von depressiven Verstimmungszuständen klar unterscheidbare andauernde Depression im Sinn eines verselbstständigten Gesundheitsschadens darstellten und dass von einer Überwindbarkeit der somatoformen Schmerzstörung auszugehen sei (IV-act. 112).
Zusammen mit der Wiederanmeldung vom 4. September 2009 (IV-act. 114) reichte die Versicherte einen Bericht des behandelnden Dr. med. D. , Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 7. August 2009 (worin eine 50%ige Arbeitsfähigkeit bescheinigt wurde, IV-act. 116) und von der behandelnden Dr. med. E. , FMH Physikalische Medizin und Rehabilitation, vom 7. August 2009 (worin als "Hauptdiagnose für die Neuanmeldung" ein zervikoradikuläres Syndrom C7 erwähnt und eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert wird, IV-act. 117) ein. Die IV-Stelle teilte der Versicherten am 8. September 2009 mit, ein Revisionsgesuch sei bereits am
1. Oktober 2008 gestellt worden. Dieses sei bis zum Vorliegen des Bundesgerichtsurteils sistiert gewesen. Mittlerweile sei die Bearbeitung des Gesuchs vom 1. Oktober 2008 an die Hand genommen worden (IV-act. 119). Im von der IVStelle eingeholten Verlaufsbericht vom 6. Oktober 2009 führte Dr. E. aus, die zusätzlichen Beschwerden durch das zervikoradikuläre Syndrom C7 seien von objektivem Befund. Mit einer Arbeitsfähigkeit sei nicht mehr zu rechnen (IV-act. 122). Dr. D. berichtete am 20. November 2009, der Gesundheitszustand sei seit 2007 stationär geblieben. Die Förster-Kriterien ("EVG-Kriterien") seien nicht erfüllt, womit keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht attestiert werden könne (IV-act. 124).
RAD-Arzt Dr. F. untersuchte die Versicherte am 17. Dezember 2009. Er gelangte zum Schluss, aufgrund der Befunde mit weitgehend normaler Kopfbeweglichkeit, fehlenden motorischen Ausfällen und leichter, nicht dermatombezogener Angabe einer Dysästhesie der linken Hand müsse auch hinsichtlich des cervico-radikulären Reizsyndroms C7 links (bei im MRI nachgewiesenem Diskusprolaps C6/7 mit Kompression der linksseitigen C7 Wurzel) von einer 100%igen Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten ausgegangen werden (IV-act. 127).
Im Vorbescheid vom 14. Januar 2010 zeigte die IV-Stelle der Versicherten an, das Rentengesuch abzuweisen (IV-act. 132). Dagegen erhob die Versicherte am
19. Februar 2010 Einwand und reichte einen Bericht von Dr. D. vom 25. Januar
2010 ein. Darin führte dieser aus, in der Zwischenzeit hätte sich der Gesundheitszustand der Versicherten verschlechtert, wobei gegenwärtig vordergründig eine massive Akzentuierung der abhängig-histrionischen Persönlichkeitszüge stehe, was zu einer "Suizidhandlung" anfangs Januar 2010 geführt habe. Wegen des depressionsfördernden Verlusts einer sinnvollen Tagesstruktur sei die Versicherte in die Tagesklinik des Psychiatriezentrums G. überwiesen worden (IV-act. 133). Die in der Tagesklinik behandelnde Dr. med. H. diagnostizierte bei Behandlungsbeginn am
22. Januar 2010 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome bei bekannter rezidivierender depressiver Störung (ICD-10: F33.2). Momentan bestehe eine leichtbis mittelgradig depressive Episode (ICD-10: F33.1; Bericht vom 13. Oktober 2010, IV-act. 139; siehe ferner die ergänzende Stellungnahme vom 9. März 2011, worin der Versicherten aufgrund der starken Schwankungen der psychischen Erkrankung für das ganze Jahr 2010 ab Eintrittsdatum eine 100%ige und ab Januar 2011 eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde, IV-act. 143). Am 15. Juni 2011 reichte die Versicherte weitere medizinische Berichte (Austrittsberichte der Psychiatrischen Klinik I. vom 8. Januar 2004 und vom 28. Dezember 2009, IV-act. 150) ein (IV-act. 149).
Dr. H. berichtete am 15./19. September 2011, der Gesundheitszustand der Versicherten sei seit 9. März 2011 stationär geblieben. Von der psychiatrischen Erkrankung her wäre eine 50%ige Arbeitsfähigkeit gegeben (IV-act. 153).
Im Auftrag der IV-Stelle wurde die Versicherte am 21. März 2012 polydisziplinär (orthopädisch-rheumatologisch und psychiatrisch) in der MEDAS Ostschweiz untersucht. Die Experten diagnostizierten mit Einschränkung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte bis mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10: F33.01/F33.11). Ohne wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit seien ein chronisches, generalisiertes myofasziales bzw. tendomyogenes Schmerzsyndrom, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10: F45.4) und eine histrionische Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.4). Sowohl für die angestammte Tätigkeit (als Mitarbeiterin in der Endkontrolle bei einer Präzisionsoptikfirma) als auch für (andere) leidensangepasste Tätigkeiten bestehe aufgrund des psychiatrischen Krankheitsbilds
eine 30%ige Arbeitsunfähigkeit. Die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bestehe seit dem Bericht von Dr. D. vom 25. Januar 2010 (Gutachten vom 18. Juni 2012, IVact. 162). RAD-Arzt Dr. med. J. , Facharzt für Chirurgie, hielt die gutachterliche Beurteilung für schlüssig (Stellungnahme vom 25. Juni 2012, IV-act. 163).
Mit neuerlichem Vorbescheid vom 26. Juli 2012 stellte die IV-Stelle der Versicherten gestützt auf einen ermittelten Invaliditätsgrad von 30% die Abweisung des Rentengesuchs in Aussicht (IV-act. 167). Dagegen erhob die Versicherte am
21. September 2012 Einwand und reichte weitere medizinische Berichte ein (Bericht von Dr. med. K. , Chefarzt der Klinik für Innere Medizin des Spitals L. , vom
28. August 2012, sowie ärztliches Zeugnis von Dr. E. vom 5. September 2012, IVact. 170). Am 22. Oktober 2012 (IV-act. 173) überliess die Versicherte der IV-Stelle einen Bericht von Dr. H. vom 17. Oktober 2012 (IV-act. 174). RAD-Arzt Dr. J. würdigte die eingereichten Berichte und vertrat die Auffassung, es könne weiterhin an der gutachterlichen Beurteilung festgehalten werden (Stellungnahme vom
14. November 2012, IV-act. 175). Am 14. November 2012 verfügte die IV-Stelle die Abweisung des Rentengesuchs (IV-act. 176).
B.
Gegen die Verfügung vom 14. November 2012 richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 17. Dezember 2012. Die Beschwerdeführerin beantragt darin unter Kostenund Entschädigungsfolge deren Aufhebung. Es sei ihr ab Februar 2010 eine angemessene Invalidenrente zu bezahlen. Sie hält das MEDAS-Gutachten nicht für beweiskräftig und die medizinische Abklärung durch die Beschwerdegegnerin für unvollständig. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, weshalb keine neurologische Teilbegutachtung stattgefunden habe (act. G 1). In der Beschwerdeergänzung vom
22. Januar 2013 bringt die Beschwerdeführerin vor, selbst wenn von einer 70%igen Arbeitsfähigkeit ausgegangen würde, resultiere ein Rentenanspruch, da sich bei der Bemessung des Invalideneinkommens ein Tabellenlohnabzug von 15% rechtfertige (act. G 3). Mit der Beschwerde reicht die Beschwerdeführerin u.a. einen Verlaufsbericht von Dr. med. M. , Leitender Arzt Anästhesie/FA Interventionelle Schmerztherapie am Spital L. , vom 6. November 2012 ein (act. G 1.7).
RAD-Arzt Dr. J. nahm am 25. Januar 2013 aus medizinischer Sicht Stellung zur Beschwerde. Aus seiner Sicht ergebe sich keine Notwendigkeit weiterer medizinischer Abklärungen (IV-act. 184). Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Beschwerdeantwort vom 7. März 2013 die Abweisung der Beschwerde. Sie hält das MEDAS-Gutachten für beweiskräftig. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei sie in der MEDAS Ostschweiz auch neurologisch abgeklärt worden (das Gutachten sei von einem Facharzt für Neurologie FMH mitunterzeichnet), wobei die neurologische Untersuchung keinerlei Hinweise auf eine (floride) neuroradikuläre Symptomatik gezeigt habe. Für eine vertiefte neurologische Abklärung hätten die Vorakten und die Untersuchungsbefunde keinerlei Anlass geboten. Sodann sei zu beachten, dass die gutachterlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit invalidenversicherungsrechtlich nicht relevant sei (act. G 5).
Mit Präsidialverfügung vom 13. März 2013 wird dem Gesuch der Beschwerdeführerin um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege (Befreiung von den Gerichtskosten und Bewilligung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung) entsprochen (act. G 6).
In der Replik vom 16. August 2013 hält die Beschwerdeführerin unverändert an der Beschwerde fest. Bei der Verneinung einer invalidisierenden Wirkung des depressiven Leidens verkenne die Beschwerdegegnerin, dass im MEDAS-Gutachten festgehalten werde, die depressive Störung stehe in keinem reaktiven Verhältnis zur somatoformen Schmerzstörung. Des Weiteren sei ihr eine willentliche Schmerzüberwindung nicht zumutbar (act. G 14).
Die Beschwerdegegnerin hat auf eine Duplik verzichtet (act. G 16).
Erwägungen:
1.
Zwischen den Parteien umstritten und nachfolgend zu prüfen ist der Rentenanspruch der Beschwerdeführerin.
Unter Invalidität wird die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit verstanden (Art. 8 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Erwerbsun fähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen geistigen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG). Nach Art. 28 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) besteht Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70%, auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie wenigstens zu 60% invalid ist. Liegt ein Invaliditätsgrad von mindestens 50% vor, so besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem IV-Grad von mindestens 40% auf eine Viertelsrente.
Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist (BGE 125 V 261 E. 4 mit Hinweisen). Hinsichtlich des Beweiswerts eines ärztlichen Berichts ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen in der Expertise begründet sind (BGE 125 V 352 E. 3a).
Im Sozialversicherungsprozess gelten die Grundsätze der Untersuchungspflicht und der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG). Demgemäss hat der Versicherungsträger bzw. im Beschwerdefall das Gericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären, ohne dabei an die Anträge der Parteien gebunden zu sein. Verwaltungsbehörden und Sozialversicherungsgerichte haben
zusätzliche Abklärungen stets vorzunehmen, wenn hierzu aufgrund der Parteivorbringen anderer sich aus den Akten ergebender Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht (BGE 110 V 53 E. 4a in fine).
2.
Zunächst ist die Frage zu beantworten, ob der medizinische Sachverhalt rechts genüglich abgeklärt ist. Die Beschwerdegegnerin stützte sich in der angefochtenen Verfügung auf das MEDAS-Gutachten vom 18. Juni 2012 (IV-act. 176). Die Beschwerdeführerin hält dieses aus verschiedenen Gründen nicht für beweiskräftig (act. G 1 und G 14).
Gegen die gutachterlich-psychiatrische Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bringt die Beschwerdeführerin vor, diese lasse sich nicht mit den übrigen medizinischen Berichten und der Einschätzung von Dr. K. vereinbaren (act. G 1, Rz 12 ff., und act. G 14, S. 6).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein den Beweisanforderungen grundsätzlich genügendes medizinisches Gutachten (BGE 125 V 351 f. E. 3a und b) nicht in Frage gestellt werden kann und nicht ohne weiteres Anlass zu weiteren Abklärungen besteht, wenn und sobald die behandelnden medizinischen Fachpersonen nachher zu einer unterschiedlichen Beurteilung gelangen an vorgängig geäusserten abweichenden Auffassungen festhalten. Anders verhält es sich nur, wenn objektiv feststellbare Gesichtspunkte vorgebracht werden, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt geblieben waren und die geeignet sind, zu einer anderen Beurteilung zu führen (Urteil des Bundesgerichts vom 29. Juli 2008, 9C_830/2007,
E. 4.3 mit Hinweisen). Ferner kann eine psychiatrische Exploration von der Natur der Sache her nicht ermessensfrei erfolgen. Sie eröffnet der begutachtenden psychiatrischen Fachperson daher praktisch immer einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen verschiedene medizinisch-psychiatrische Interpretationen möglich, zulässig und zu respektieren sind, sofern der Experte die Expertin lege artis vorgegangen ist (Urteil des Bundesgerichts vom 5. März 2009, 8C_694/2008, E. 5.1.1).
Bei der Würdigung des psychiatrischen Teils des Gutachtens fällt ins Gewicht, dass sich der Experte ausführlich über mehrere Seiten mit der einschlägigen medizinischen Voraktenlage auseinandergesetzt hat (act. G 162-33 ff.). Abweichungen von der mehrheitlich in den Vorakten bescheinigten 50%igen Einschränkung begründete er damit, dass einerseits die anhaltende somatoforme Schmerzstörung nicht aufgeführt werde und andererseits auch die histrionische Persönlichkeit kaum berücksichtigt werde. Schliesslich werde bei Aufführen der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nicht auf die Foerster-Kriterien eingegangen (act. G 162-38).
Des Weiteren ergibt sich weder aus den Akten noch wird von der Beschwerdeführerin substanziiert dargelegt dass objektiv wesentliche Gesichtspunkte im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung ausser Acht gelassen worden wären dass die Begutachtung nicht lege artis vorgenommen worden wäre.
Was den von der Beschwerdeführerin ins Feld geführten Bericht von
Dr. K. vom 28. August 2012 anbelangt, worin sich dieser zum MEDAS-Gutachten äusserte, so vermag dieser den psychiatrischen Teil des Gutachtens nicht in Zweifel zu ziehen. Denn Dr. K. wies ausdrücklich darauf hin, dass ihm eine vertiefte Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht möglich sei. Des Weiteren könne er
"grundsätzlich" die Überlegungen des Psychiaters und Rheumatologen nachvollziehen. Die teilweise Arbeitsunfähigkeit ergebe sich in erster Linie aufgrund der "psychiatrischen Erkrankung" und höchstens sekundär aufgrund der muskulären und skelettären Schmerzen. Diesbezüglich stimme er mit der Beurteilung der Gutachter überein (IV-act. 170-9). Er hielt lediglich das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit für nicht nachvollziehbar und erachtete eine mindestens 50%ige Arbeitsunfähigkeit als gerechtfertigt (IV-act. 170-10). Dabei benannte er keine abweichenden objektiven Gesichtspunkte, sondern interpretierte lediglich den Sachverhalt anders als der psychiatrische Gutachter (vgl. etwa betreffend den Suizidversuch vom 19. November 2011 die Beurteilung durch den psychiatrischen Gutachter in IV-act. 162-35), was keine Zweifel an dessen Beurteilung entstehen lässt, zumal Dr. K. nicht über eine fachpsychiatrische Ausbildung verfügt.
In somatischer Hinsicht ist nach der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht
nachvollziehbar, weshalb keine schmerztherapeutische bzw. neurologische
Begutachtung erfolgt sei. Sodann habe Dr. M. ausgeführt, dass die Schmerzursachen mit dem radiologischen Befund erklärbar seien. Ferner hätte er eine neurochirurgische Beurteilung empfohlen (act. G 1, Rz 17, und G 14, S. 3). Die Gutachter hätten hierzu keine Stellung genommen (act. G 14, S. 3 f.).
Vorweg ist hinsichtlich der orthopädisch-rheumatologischen Begutachtung festzustellen, dass diese den Anforderungen an beweiskräftige medizinische Beurteilungen genügt (vgl. vorstehende E. 1.2) und die Beschwerdeführerin auch nichts Gegenteiliges vorbringt.
Angesichts dessen, dass Dr. K. die Arbeitsfähigkeit in ausdrücklicher Übereinstimmung mit den Gutachtern in erster Linie aufgrund der psychiatrischen Erkrankung und "höchstens sekundär aufgrund der muskulären und skelettären Schmerzen" für eingeschränkt hielt (IV-act. 170-9) und Dr. M. keine Hinweise auf neurologische Defizite fand (act. G 1.7, S. 1), ist ein neurologischer Abklärungsbedarf zu verneinen, zumal sich auch aus den übrigen Akten kein solcher ergibt. Ergänzend kann auf die zutreffenden Ausführungen der Beschwerdegegnerin (act. G 5, Rz 6) verwiesen werden. Ferner wurden mit Dr. M. keine weiteren Kontrolloder Behandlungstermine vereinbart (act. G 1.7, S. 2). Deshalb und weil keine anderen Umstände für eine (zusätzliche) schmerztherapeutische Begutachtung sprechen, verletzt der Verzicht darauf nicht den Untersuchungsgrundsatz.
Zwar empfahl Dr. M. eine neurochirurgische Beurteilung (act. G 1.7, S. 2). Allerdings erfolgte diese Empfehlung in therapeutischem Zusammenhang ("Da die periradikuläre Therapie nur eine vorübergehende Besserung bewirkt hat, ist von einer Wiederholung keine längerfristige Schmerzlinderung zu erwarten. Vielmehr habe ich der Patientin eine neurochirurgische Beurteilung empfohlen. Eine Operation wird aber von der Patientin abgelehnt, [ ]") und nicht hinsichtlich der Arbeitsfähigkeitsbeurteilung, weshalb sich Weiterungen erübrigen.
Ein Mangel an der gutachterlichen Beurteilung wird auch nicht durch den Umstand begründet, dass Dr. M. die Beschwerden für "absolut glaubhaft" hielt und es als "nicht zulässig" betrachtet, die Schmerzsymptomatik alleine mit der psychischen Komponente erklären zu wollen (act. G 1.7, S. 2). Diese Auffassung ist soweit sie die
Arbeitsfähigkeit betrifft - nicht bloss mit der gutachterlichen Beurteilung, sondern auch mit derjenigen von Dr. K. nicht Einklang zu bringen. Dieser stimmte hinsichtlich des im Vordergrund stehenden psychischen Leidens mit dem MEDAS-Gutachten überein (IV-act. 170-9; vgl. ferner vorstehende E. 2.2.2). Sodann stellte Dr. M. bei seiner Beurteilung ausdrücklich auf die Leidensschilderung der Beschwerdeführerin ("absolut glaubhaft", act. G 1.7, S. 2) und die (gerichtete) klinische Untersuchung (act. G 1.7,
S. 1) ab, ohne die gewonnenen Eindrücke zu hinterfragen. Angesichts der im MEDASGutachten ausführlich beschriebenen erheblichen Selbstlimitation und Inkonsistenz zwischen gerichtetem und ungerichtetem Untersuchungsgang (IV-act. 162-25; siehe auch die Ausführungen in IV-act. 162-41 unten) vermag die Einschätzung von Dr. M. keine Zweifel an der gutachterlichen Beurteilung entstehen zu lassen. Denn sie unterscheidet nicht zwischen objektivierbarem Leiden und den subjektiv empfundenen Beeinträchtigungen.
Im Licht dieser Umstände bestehen auch hinsichtlich des physischen Leidensbilds weder ein Mangel am Gutachten noch ein Bedarf für weitere Abklärungen (insbesondere auch für die von der Beschwerdeführerin geforderte Stellungnahme der Gutachter). Ergänzend kann auf die damit einhergehende Stellungnahme des RAD vom
14. November 2012 (IV-act. 175-2) verwiesen werden.
2.3 Vor diesem Hintergrund ist gestützt auf das beweiskräftige Gutachten der MEDAS
Ostschweiz davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ab Januar 2010 (IVact. 162-43) über eine 70%ige Restarbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten verfügt. Die Frage, ob dieser die invalidisierende Wirkung abzusprechen ist, wie die Beschwerdegegnerin vorbringt (act. G 5, Rz 12), kann mangels Relevanz für den Rentenanspruch offen bleiben (vgl. nachstehende E. 3.2).
3.
Die von der Beschwerdegegnerin auf gleicher betraglicher Grundlage ermittelten Vergleichseinkommen (IV-act. 176) sind von der Beschwerdeführerin grundsätzlich nicht bestritten worden, und es ergeben sich keine Hinweise für eine mangelhafte Berechnung. Die Beschwerdeführerin rügt einzig, dass sich bei der Bestimmung des Invalideneinkommens ein 15%iger Tabellenlohnabzug rechtfertige (act. G 3, Rz 5 ff.).
Nach der Rechtsprechung hängt die Frage, ob und in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, von sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen auch von invaliditätsfremden Faktoren - des konkreten Einzelfalles ab (namentlich leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/ Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad), die nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen sind, wobei der maximal zulässige Abzug auf 25% festzusetzen ist. Eine schematische Vornahme des Tabellenlohnabzugs ist unzulässig (BGE 126 V 79 E. 5b, bestätigt in AHI 2002 S. 62 und BGE 129 V 481 E. 4.2.3 mit Hinweisen).
Unter Berücksichtigung, dass gemäss gutachterlicher Beurteilung die angestammte Tätigkeit qualitativ im Wesentlichen einer optimal leidensangepassten Tätigkeit entspricht (IV-act. 162-43), fällt vorliegend höchstens ein 10%iger Abzug in Betracht. Zumindest sind keine Umstände erkennbar, die eine Erhöhung des im Urteil des Versicherungsgerichts vom 18. August 2008, IV 2007/86, E. 7.3, (ohne Bedeutung für die Rentenhöhe) gewährten 10%igen Abzugs (IV-act. 106-16 f.) rechtfertigen. Bei Gewährung eines 10%igen Abzugs resultiert ein nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von 37% (30% + [70% x 10%]).
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde vom 17. Dezember 2012 abzuweisen.
Der Beschwerdeführerin wurde die unentgeltliche Rechtspflege am 13. März 2013 bewilligt (act. G 6). Wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin es gestatten, kann sie jedoch zur Nachzahlung verpflichtet werden (Art. 99 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRP; sGS 951.1] i.V.m. Art. 123 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO/CH; SR 272]).
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit als angemessen. Der
unterliegenden Beschwerdeführerin ist die Gerichtsgebühr in der Höhe von Fr. 600.--
aufzuerlegen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege ist sie von der Bezahlung zu befreien.
Der Staat ist zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung zu verpflichten, für die Kosten der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin aufzukommen. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO pauschal Fr. 1'000.-bis Fr. 12'000.--. Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin hat keine Kostennote eingereicht. In der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit erscheint mit Blick auf vergleichbare Fälle (vgl. etwa Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
St. Gallen vom 9. Mai 2011, IV 2009/234) eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3'500.-angemessen. Diese ist um einen Fünftel zu kürzen (Art. 31 Abs. 3 AnwG).
Somit hat der Staat die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin pauschal (BGE 125 V
201) mit Fr. 2'800.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP entschieden:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin wird von der Bezahlung der Gerichtsgebühr in der Höhe
von Fr. 600.-befreit.
Der Staat entschädigt die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung mit Fr. 2'800.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer).
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